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Wolfgang Sofsky
Carlos Kleiber: Unter Donner und Blitz
Vor zehn Jahren, am 13.7.2004 starb Carlos Kleiber, der begnadete Eremit, der, falls er in seinen letzten Jahren überhaupt auftrat, das Publikum in Verzückung und das Orchester in Enthusiasmus versetzte. Im Mai 1986 unternahm das Bayerische Staatsorchester mit seinem Chef eine zehntätige Tournee nach Japan. Man spielte zwei Programme: die Freischütz-Ouvertüre, Mozarts KV 319 und die Zweite von Brahms oder aber Beethovens Vierte und Siebente. Als zweite Zugabe gab man die Ouvertüre zur Fledermaus, als erste jedoch die Polka von Johann Strauß „Unter Donner und Blitz“. Die Anspannung fiel bereits von ihm ab, die Entfesselung des Tanzes war vom Publikum mit frenetischem Jubel quittiert worden, und nun das erste Kabinettstück purer Freude – „Donner und Blitz“. Es war nicht nur eine Befreiung von der Last der Konzentration, in diesen Augenblicken schien das Spiel den Dirigenten von sich selbst zu befreien. Kleiber soll auf der Reise, so Augenzeugen, ungewöhnlich heiter und gelöst gewesen sein. Beim Abschiedsempfang für das Orchester nach dem letzten Konzert in Osaka indes holte der er zu großer Dankesrede aus, brachte jedoch nur einen einzigen Satz heraus: „Das hier gehört zu den wenigen Sachen, bei denen es mir nicht leid tut, nicht abgesagt zu haben.“
http://www.youtube.com/watch?v=yUQTFG48r8U
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