Schlagwörter
Wolfgang Sofsky
Spiele
Auf den Tummelplätzen der Gesellschaft werden vielerlei Spiele gespielt: Wettkämpfe und Wettspiele, Masken- und Theaterspiele, Glücksspiele, Rauschspiele. Es ist das Wesen eines Tummelplatzes, daß nicht nur eine Sorte von Spielen gespielt wird. So finden in der Politik vornehmlich agonale, strategische und Maskenspiele statt, während der Rausch für kollektive Zusammenkünfte oder Siegesfeiern reserviert bleibt und im Alltagstheater eher anrüchig wirkt. Daß die diversen Subjekte spielen, heißt nicht notwendig, daß sie Spaß dabei empfinden oder immer Regeln folgten. Auch Freiwilligkeit ist kein notwendiges Merkmal sozialer Spiele. Nicht alle Spiele entsprechen dem Typus des Ludus. Wesentlich jedoch ist, daß die Aktivität des Spielens oft wichtiger ist als das Ergebnis und daß der Ausgang meist offen ist. Spiele kann man sehr ernsthaft spielen, bis zur Erschöpfung, bis zum Untergang. Wesentlich für soziale Spiele ist überdies eine gewisse Begrenzung der Teilnehmerzahl. Nicht jeder darf sich auf dem Tummelplatz tummeln. Hierzu hat man gelegentlich auch Schiedsrichter berufen, die darüber entscheiden, wer zugelassen wird und wer nicht. So sind Parteiverbotsverfahren Maßnahmen, um unerwünschte Spieler auszuschließen. Das kann linke, rechte, radikale und unradikale Parteien betreffen. Auch Scherzparteien sind beim politischen Spiel meist unerwünscht, weil sie das Spiel tatsächlich als Spaßspiel spielen, während die allermeisten Akteure glauben, sie täten etwas anderes.
© WS 2016