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Wolfgang Sofsky
Generalverdacht
In der Bevölkerung kursieren hartnäckig Gerüchte, daß im Gefolge der unkontrollierten Zuwanderung, die durch die Magnetpolitik der deutschen Regierung willentlich begünstigt und verstärkt worden ist, die Zunahme klein- und großkrimineller Taten von der Obrigkeit und der ihnen angeschlossenen rechtlich-öffentlichen Anstalten systematisch verschwiegen, vertuscht oder ignoriert wird. Insbesondere nach den jüngsten Taten von Freiburg, Kandel, Wiesbaden und anderswo (in Velbert waren es „EU-Ausländer“, nämlich acht junge Bulgaren) hat sich neben der gesellschaftlichen Unruhe dieser Generalverdacht erneut verstärkt. Um, wie es heißt, keinen Fremdenhaß zu schüren, sollen Herkunft und Hintergrund von Eigentumsdelikten, sexuellen Belästigungen, Vergewaltigungen und Mordtaten unerwähnt bleiben. Vermutlich sind diese Gerüchte völlig gegenstandslos, wie alle Gerüchte, die nicht zutreffen. Sie stellen nicht nur die Spitze der Regierung, sondern auch Vertreter der lokalen Administration sowie die Anführer der nationalen Meinung völlig zu Unrecht unter Generalverdacht. Ebenso unzutreffend sind folgende Verdächtigungen:
Aus der Tatsache, daß einige Asylbewerber Straftäter sind, folgt nicht, daß alle Asylbewerber Straftäter sind.
Aus der Tatsache, daß viele Zuwanderer keine Mörder sind, folgt nicht, daß alle Zuwanderer keine Mörder sind.
Aus der Tatsache, daß einige Zuwanderer arabischer Herkunft und islamischen Glaubens keine Antisemiten bzw. Feinde Israels sind, folgt nicht, daß alle Zuwanderer arabischer Herkunft und islamischen Glaubens keine Antisemiten sind.
Aus der Tatsache, daß einige Regierungsmitglieder unfähig sind, folgt nicht, daß alle Regierungsmitglieder unfähig sind.
Aus der Tatsache, daß einige Deutsche Fremde willkommen heißen, folgt nicht, daß alle Deutsche Fremde willkommen heißen.
Aus der Tatsache, daß einige Deutsche blond und blauäugig sind, folgt nicht, daß alle Deutsche blond und blauäugig sind.
Die Schlußfolgerung von einigen Fällen auf die Gesamtheit ist logisch ungültig und unzulässig. Auch wenn der summarische Fehlschluß dafür sorgt, das eigene Welt- und Gesellschaftsbild in Ordnung zu halten, sind generelle Verdächtigungen noch idiotischer als Verdächtigungen, die lediglich unzutreffend sind. Davon strikt zu unterscheiden ist indes der wohlbegründete Anfangsverdacht, der durch weitere Vorfälle und Untersuchungen bestätigt oder widerlegt werden kann. Ohne Verdacht keine Ermittlung. Ein Generalverdacht indes ist schon erledigt, wenn sich ein einziger Fall findet, der das Gegenteil beweist. So ergibt sich:
Wenn es einen Deutschen gibt, der nicht blond und blauäugig ist, dann gilt nicht, daß alle Deutschen blond und blauäugig sind.
Wenn es einen Deutschen gibt, der Fremde nicht willkommen heißt, dann gilt nicht, daß alle Deutschen Fremde willkommen heißen.
Wenn es ein Regierungsmitglied gibt, das nicht unfähig ist, dann gilt nicht, daß alle Regierungsmitglieder unfähig sind.
Wenn es einen Asylbewerber gibt, der kein Straftäter ist, dann gilt nicht, daß alle Asylbewerber keine Straftäter sind.
Zur Widerlegung eines Generalverdacht genügt ein einziges Gegenbeispiel. Man muß also weder empirische Prozentzahlen ermitteln noch sich in korrektes und hasenfüßiges Verschweigen oder maximierte Empörungsrhetorik flüchten.
© WS 2018