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Wolfgang Sofsky
Politik, Posten, Pensionen

Politik ist, nach einem hellsichtigen Wort Niklas Luhmanns, die „Verteilung von Posten und Pensionen“. Die Rhetorik der Ziele, Aufgaben, Missionen, Werte ist nur ein Oberflächenphänomen. Sie dient zur Beschaffung von Glauben, Vertrauen, Fügsamkeit, von „Legitimität“. Was immer sonst noch verlauten mag, Legitimität ist „in der praktischen Politik gleichbedeutend mit Popularität.“ Demokratien machen die Verteilung von Posten und Pensionen abhängig von Wahlstimmen. Wahlstimmen erlangt man, indem man für Popularität sorgt. Wem diese abhanden gekommen ist, der verliert den Zugang zu Posten und Pensionen. Darin besteht das ganze Spiel, das allstündlich in den öffentlichen Medien aufgeführt wird. Jede Äußerung, jede Vermutung über den Sinn einer Äußerung, jedes Forum mit bekannten Postenträgern, Anwärtern, Rivalen oder Kommentatoren der Postenträger – alles nur Aufführungen zum Zweck der Posten- und Pensionsverteilung. So stellt sich der gemeine und gelangweilte Untertan nicht zu Unrecht die Frage, wieviel Politik denn wirklich nötig sei. Politiker waren immer erfinderisch in der Proklamation neuer Aufgaben, in der Einrichtung neuer Posten und der Bezahlung höherer Pensionen. Das Wachstum des politischen Systems, der Staatsbürokratie, ergibt sich vornehmlich aus der Selbsterzeugung ihrer Aufgaben und Probleme. Nicht die Gesellschaft, Staat und Politik sollen zuständig sein. So ist eine der zentralen Beschäftigungen des politischen Personals, Probleme populär zu machen, damit man selbst die Posten erlangt, die einem die korrespondierenden Pensionen einbringen.

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