Bernini war schon in seinen Siebzigern, als er die Altieri-Kapelle an der linken Seite der Kirche San Francisco a Ripa in Trastevere entwarf. Eingefügt in ein barockes Bühnenbild mit perspektivisch geschrägten Seitenwänden, einem Halbbogen, zurückversetztem Hintergrund mit einem ruhigen Altarbild, fällt der Blick auf die liegende Marmorskulptur der gesegneten Ludovica. In ihrer letzten Minute hat sie den Kopf zurückgeworfen, Augenlider und Mund sind halb geöffnet, die Rechte krallt sich an die Brust, die linke Hand bedeckt den Leib. Von der Seite blicken die Köpfe kleiner Cherubine auf die Sterbende herab. Das Licht, das von einem Fenster links auf die Figur fällt, zeichnet scharfe Konturen auf das voluminös drapierte Gewand, auf Kopf und Hand. Die Skulptur ähnelt der Heiligen Theresa in der Cornaro Kapelle von S.Marina della Vittoria. Doch zeigt sie nicht den Augenblick der Verzückung in der mystischen Begegnung mit dem Göttlichen, sondern den Moment des Todes. In der Sekunde, da der Mensch stirbt, erlebt er die Gegenwart Gottes – dies könnte man als die ikonologische Botschaft von Berninis Spätwerk lesen. Nicht umsonst ist die Liegestatt der Gesegneten, der Sarkophag, zugleich der Altar der Kapelle.
1665 grub man im Garten der römischen Dominikanerkirche Santa Maria sopra Minerva zufällig einen über fünf Meter hohen Obelisken aus. Papst Alexander VII. beauftragte seinen Hofkünstler und –architekten Bernini damit, den Obelisken auf dem Platz vor der Kirche zu präsentieren. Bernini besann sich seiner alten Zeichnungen und wählte einen Elefanten als Sockel für den hohen Stein. Die Mönche befürchteten jedoch, daß das Tier unmöglich den schweren Obelisken halten konnte, wenn der Raum unter seinem Bauch hohl bliebe und es nur auf vier Beinen stünde. Bernini gab den Auftrag an Ercole Ferrata weiter, der dem Elefanten eine schwere Satteldecke überwarf und darunter das Sockelmassiv für den Obelisken versteckte. Wir wissen nicht, was das Lasttier von diesem Prozedere hielt. Der Elefant ist ja nicht nur ein Symbol der Kraft und Masse, der Weisheit und christlichen Frömmigkeit. Etwas unwirsch scheint er den Kopf zu wenden und den Rüssel zurückzuwerfen. Das Maul ist leicht geöffnet, doch die Augen sprechen eine ganz eigene Sprache. Es ist, als blickte das Tier aus einer anderen Welt hinab auf die Menschen, die ihm einen tonnenschweren Kultstein auf den Rücken geladen haben, den er nicht mehr abwerfen kann.
In dem Augenblick, da die Linke des lüsternen Gottes den Leib der Nymphe umfängt und ergreift, verwandelt sich die verzweifelte Schönheit in einen Lorbeerbaum. Aus ihren Fingerkuppen sprießen filigrane Zweige, aus den Zehenspitzen schlagen die Wurzeln, und ihre sanfte Haut erstarrt zur Baumrinde. Apollos Hand erfaßt Rinde und Fleisch zugleich. Berninis frühes Marmorwerk von 1625 erfaßt genau den Zeitpunkt der Metamorphose, in dem die ausgreifende Bewegung des Verfolgers in der Erstarrung des Opfers endet. Nur indem sie sich verwandelt, entkommt Daphne dem gierigen Verlangen des Mannes. Es ist nicht nur die raumausgreifende Bewegung der Figuren und ihre dramatische Konzentration, die Berninis frühe Skulptur auszeichnet, sie bringt mehrere Gegensätze in ein Bildwerk: Angriff und Abwehr, Verfolgung und Flucht, Liebesgier und Liebesreiz, Bewegung und Verwandlung, männliche Gewalt und weibliche Schönheit, Berührung und Erstarrung.
Mit Ovalen wurde nicht erst seit dem frühen Barock gebaut. Viele römische Amphitheater haben einen ovalen Grundriß. Auch gotische Bauwerke weisen mitunter solche Elemente auf. Zur Palladio-Tradition gehört das Motiv des ovalen Grundrisses. Im römischen Barock bediente man sich mit Vorliebe des Ovals, um Längsbau und Zentralbau, Kreis und Rechteck, Mittelpunkt und Richtung zu vermitteln. Vignola konzipierte ovale Grundrisse und Kuppeln. In S. Andrea (1550) wird ein rechteckiger Raum von einer ovalen Kuppel überwölbt, in S. Anna dei Palafrenieri (1572) wurde der ganze Raum oval. Vignolas Schüler, Francesco da Volterra, Vitozzi und Mascherino, entwarfen ovale Kirchen. In Rom ist das bedeutendste Beispiel der frühen Phase S. Giacomo degli Incurabili, von Volterra 1592 begonnen und von Maderno 1595-1600 beendet. Borromini stattete S.Carlo mit ovaler Mitte und ovaler Kuppel aus. In Deutschland und Böhmen folgten viele Gebäude dem ovalen Muster: die Hofkirche zu Dresden, der Festsaal der Weimarer Wilhelmsburg, die Bibliothek in Wolfenbüttel und die Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar, viele böhmische Barockkirchen, nicht zuletzt die Kirchen Balthasar Neumanns.
Das Längsoval ist eine der barocken Grundformen. Es verbindet Bewegung und Konzentration, Linie und Kreis. Ein Queroval, parallel zur Fassade ist eher ungewöhnlich, denn es verkürzt den Weg zum Altar an der Gegenwand erheblich. 1652 begann Carlo Rainaldi mit der Kirche S.Agnese an der Piazza Navona, vollendet wurde sie von Borromini. Der Innenraum besteht aus einem zentralen Quadrat, dessen Ecken zu kleinen Nischen ausgebildet sind und dessen Seiten sich gegen vier
kurze Kreuzarme öffnen. Im Westen und Osten dienen sie als Vorraum bzw. Chor, im Süden und Norden sind sie zu halbrunden Apsiden vertieft. Insgesamt vermittelt der Raum den Eindruck eines Ovals, dessen Längsachse parallel zur Fassade verläuft und dessen Umriß von einzelnen Mauerteilen aufgelockert wird. In Berninis römischer Ovalkirche S. Andrea al Quirinale durchschneidet eine Art Längsachse das Queroval und trifft an den Seiten auf solide Pilaster. Der kurze Hauptweg vom Eingang zum Altar wird rechts und links von zwei ausstrahlenden „Sternen“ begleitet. Doch alle Aufmerksamkeit konzentriert sich auf die Figur des hl. Andreas über dem Altar in der Öffnung des Ziergiebels, der gerade hinauf in die Himmelskuppel entschwebt.
Geometrisch ist das Oval eine zweiachsig symmetrische, stetig gekurvte Figur. Im Gegensatz zum Kreis, dem jede Richtung fehlt, ist das Oval axial ausgerichtet. Konstruiert wird das Oval aus vier Kreissegmenten mit vier verschiedenen Mittelpunkten. Diese Zirkeleinstichpunkte lassen sich zu einer Raute verbinden. Die Kreissegmente, die einander gegenüberliegen, sind jeweils spiegelbildlich gleich. Auf der Schmalseite ist die Grundform ein kleinerer Kreis und auf der Längsseite ein größerer. Mit der Hilsfigur der Raute ist auch das jeweilige Oval festgelegt.
Mit einer Ellipse ist das Oval keineswegs zu verwechseln. Eine Ellipse weist zwei Brennpunkte auf, deren deren Abstand die Form der Ellipse bestimmt. Der Ellipsenumriß ist niemals, wie beim Oval, ein Kreissegment und kann auf dem Reißbrett nicht mit Zirkelschlägen, sondern nur Punkt für Punkt konstruiert werden. Ellipsen finden sich in der gebauten Barockarchitektur nicht. Nur in der Gartenkunst gibt es die „Gärtnerellipse“, wo bei Beeten mittels zweier Pflöcke, die an den „Brennpunkten“ eingeschlagen werden, eine lockere Verbindung mit einer Schnur in einem Schwung zu umreißen ist.
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